Higgs-Kunst-Projekt: Los geht’s!
25. Januar 2014
Brigitte Grawe

Gleich nach Silvester begann ich wie geplant mit dem neuen Projekt.

Das Wichtigste war zunächst, einen passenden Kontext für meine spätere künstlerische Arbeit zu finden. Dazu tauchte ich tief in die Materie ein. Für meinen Blogpost über Michaels Ausstellung an der RWTH hatte ich schon einiges zur Teilchenphysik recherchiert. Auf diesem Wege hatte ich mir bereits die Grundkenntnisse zum Higgsteilchen angeeignet.

Zumindest soweit, dass ich verstehen und vereinfacht erklären konnte, was ein Higgs-Teilchen ist. Nun begann ich, das bereits Erlernte zu vertiefen. Manch einer wird sich fragen, wie man sich um Himmels Willen ausgerechnet für Teilchenphysik interessieren kann. Ehrlich gesagt, hätte ich das auch nicht gedacht – bis ich einen Vortrag dazu an der RWTH besuchte.

Teilchenphysik erforscht zugleich das Grösste und das Kleinste;

den Ursprung des Universums und die Materie.

Viele Milliarden hat sie bis heute gekostet. Unter anderem verdanken wir ihr das Internet sowie Computer- (CT) und Magnetresonanztomographie. Beeindruckend ist die menschliche Leistung, die diese Forschung weltweit erst ermöglicht. Nicht umsonst sind die klügsten Köpfe der Wissenschaft daran beteiligt.

Auf zahlreichen Fotos konnte ich die einzelnen BauStadien des CMS-Detektors sehen. “Wunderwerk der Ingenieurskunst” nennt es Michael Hoch zurecht. Beeindruckend auch die gigantischen Ausmaße des CMS; 23 x 18m !!! Wie klein der Mensch daneben erscheint, finde ich mehr als bezeichnend und symbolhaft.

Fast schon ein Rätselbild: Entdecken Sie den Menschen auf diesem Foto?20090601_133b

Bei meinen Recherchen zum Higgsteilchen bin ich auf interessante Beiträge gestoßen. Ich las, was antike Denker, bzw. Naturphilosophen im fünften Jahrhundert vor Christus über das erdachten, ‘was die Welt im Innersten zusammenhält’. Ich befasste mich mit den Naturgesetzen, und hörte Vorträge heutiger Philosophen zum Higgs-Mechanismus und zu ihrer Einordnung der Teilchenphysik.

Neugierig war ich auch auf die Meinung der Theologen zu all dem. Ich befasste mich mit Materie und Antimaterie, dem Urknall und schwarzen Löchern. Ich las mich quer durch alles, was ich finden konnte. Ich wurde immer wissenshungriger.

Bald kristallisierte sich der für mich interessanteste Kontext heraus; die Philosophie.

So weit – so gut! Nachdem ich also mein Thema gefunden hatte, sollte es nun an die praktische künstlerische Arbeit gehen. Doch den für mich richtigen Einstieg zu finden, zeigte sich unerwartet schwierig. Woran lag das? Zunächst einmal arbeite ich aus Prinzip nur mit eigenen Fotos. ‘Geeignetes Material’ bedarf bestimmter Strukturen, da sich nicht alles für eine digitale Transformation eignet.

Normalerweise treffe ich eine intuitive Auswahl aus meinem umfangreichen Portfolio, und beginne damit zu arbeiten. Dabei lasse ich mich zunächst beinahe ‘spielerisch’ treiben, bis ein Bezug zum Bild entsteht. Dann beginnt die gezielte Arbeit daran. Das mache ich so nicht ohne Grund.

Dahinter steckt mein neurowissenschaftliches Interesse.

So erkunde ich Bedeutung und Funktion meines Unterbewusstseins.  Im vermeintlich spielerischen Prozess legen sich erstaunlicherweise bereits die Weichen für das spätere Bild.  Mehr …

Anders gehe ich bei der Erstellung optischer Täuschungen vor. Diese Bilder entstehen – bis auf wenige Ausnahmen – anhand speziell dafür gemachter Fotos und einer Reihe gezielter Arbeitsschritte. Michaels Fotos weichen von meinen stark ab. Sie zeigen den CMS-Detektor, im Original 23 x 18m groß, und aus scheinbar tausenden Einzelteilen bestehend.

Das heißt, diese Fotografien sind extrem detailreich. Bisher habe ich mit derartigen Fotos nicht gerne gearbeitet, sondern bevorzugt mit Natur- und Architekturmotiven. Würde das also überhaupt funktionieren? Doch da war ja noch ein zweiter Knotenpunkt; wie sollte ich den so schön herausgearbeiteten Kontext zur Philosophie überhaupt darstellen?

Musste ich dazu nicht schon vor dem Schaffensprozess eine Vorstellung des späteren Bildes haben?

Musste ich diesmal völlig anders vorgehen? Wenn ja, wollte ich das? Was, wenn ich keine ‘guten’ Bilder daraus machen konnte? Meine Gedanken kreisten; ich hatte das Gefühl, die Zeit rennt mir langsam davon. Ich begann zu zweifeln und mich unter Erfolgsdruck zu setzen. Genauso gut hätte ich eine Schranke herunterlassen können; ich war blockiert.

In solchen Fällen hilft nur eins: Ich gehe in die Natur und fotografiere. Die Bewegung in der frischen Luft und der Blick durch den Sucher der Kamera machen den Kopf frei.

Hindernisse können mich nicht aufhalten;

Entschlossenheit bringt jedes Hindernis zu Fall.

Leonardo da Vinci

Zuverlässigerweise klappte es auch diesmal. Und in einem Punkt war ich mir nun sofort sicher; gekniffen wird nicht! Als nächstes wurde mir klar, dass der Gedankenknoten eigentlich nichts anderes als eine spannende Herausforderung war. Und Herausforderungen liebe ich. Sie stehen für Anspruch, Spannung und Wachstum. Sie machen das Leben erst interessant.

Ich dachte darüber nach, wie viele ich davon schon gemeistert hatte. Mein Dickkopf und ein unerschütterliches Selbstvertrauen haben mich in meinem Leben jede Hürde nehmen lassen – auch in der Kunst. Wovor sollte ich also jetzt zurückschrecken? Plötzlich waren die Selbstverständlichkeit und Freude wieder da, mit der ich sonst Herausforderungen anging. Der Knoten löste sich, begleitet von einem warmen Glücksgefühl, in Wohlgefallen auf.

Alles kann – nichts muss

Der Druck war weg. Alles Weitere lag nun klar vor mir.  Was sprach eigentlich dagegen, vorzugehen wie gewohnt? Ich würde mir intuitiv aus den zur Verfügung stehenden Fotos von Michael eines aussuchen, und damit experimentell arbeiten. Dann würde ich schauen, was dabei herauskommt. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass meine Bilder bisher immer im Ergebnis die Themen widerspiegelten, die mich zuvor beschäftigt hatten.

Vielleicht sollte ich mich ganz von der Vorstellung lösen, einen bestimmten Kontext herausarbeiten zu wollen. Viel spannender würde doch zu sehen sein, welchen Output das im Vorfeld Angelesene erzeugen wird, ohne dass man eine vorgegebene Richtung anpeilt. Ich beschloss, es genauso zu machen – Punkt. Nun wollte ich erst einmal einfach nur einsteigen, ohne Erwartung aber mit Neugierde, Freude und künstlerischer Leidenschaft.

Den vermeintlichen Knoten zu überwinden ist rückblickend nichts

anderes gewesen, als das ‘Erarbeiten’ des Projektes.

Doch nun genug der Theorie. Ich hab also vor ein paar Tagen endlich mit der künstlerischen Arbeit begonnen. Intuitiv habe ich mir ein Foto ausgesucht und losgelegt. Und was soll ich sagen, von den bisherigen Ergebnissen bin ich ziemlich verblüfft. Natürlich möchte ich meinen Lesern diese Bilder nicht vorenthalten.

Doch Geduld, heute sehen Sie zunächst nur das ausgewählte Foto. Was ich daraus gemacht habe, sehen Sie im nächsten Blogpost. Sie dürfen gespannt sein …

Ausgangsfoto_04A0128b

*

P.S.:  Ich freue mich über jedes “like”!

Ein kleiner Auszug meiner Literatur- und Linkliste zum Thema. Mehr folgt in einigen der nächsten Blogbeiträge:

  • Umfangreiche Informationen sind natürlich auf der Homepage des CERN, Genf zu finden.

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