Op Art
14. Mai 2013
Brigitte Grawe

Op Art – Braintertainment

Geschichte einer spannenden Kunstform

 

Op-Art oder auch optische Kunst zeigt uns, wo die Regeln

der Wahrnehmung ncht mehr funktionieren.

Die Bilder – auch optische Täuschungen oder optische Illusionen genannt – lassen uns etwas sehen, was nicht der Realität entspricht. Das menschliche Gehirn wird in die Irre geführt und erlebt in der Betrachtung ein echtes Dilemma.

Es ist ein verwirrender Wahrnehmungsprozess, in dem die visuellen Signale im Gehirn buchstäblich ins Leere laufen. Denn die für die Erfassung benötigten Abgleichwerte sind im Falle physikalisch unmöglicher Perspektiven  oder anderer optischer Täuschungen nicht unbedingt oder ausreichend vorhanden.

Damit bietet sich den geforderten Hirnregionen eine große Herausforderung. Wenn Sie wissen möchten, wie an dieser Stelle unsere Neuronenfeuer diese Probleme lösen, erfahren Sie hier:: Op-Art & Neurowissenschaften.

In diesem Beitrag werfen wir nun einen Blick zurück zu den Anfängen der Op-Art …

Bei Op-Art handelte es sich zunächst um eine Stilrichtung der Malerei,

die ihren Ursprung ebenso wie die Computerkunst in den 1950er Jahren hat.

Ziel der Op-Art Künstler war ursprünglich, durch geometrisch abstrakte Form- und Farbmuster im Auge des Betrachters Bewegungs- und Flimmereffekte zu erzeugen. Ihre berühmtesten Vertreter sind Victor Vasarely* und Henryk Berlewi*. Bis heute ist jedoch strittig, wer von beiden als ‘Vater‘ der Op-art anzusehen ist.

Der Begriff ‘Op-art’ wurde, nach jetzigem Kenntnisstand, erstmalig in einem am 23. Oktober 1964 veröffentlichten Artikel der Londoner ‘Time’ mit der Überschrift: „Op art: pictures that attack the eye” verwandt.

Die eigentliche Zeit der Op-Art begann, im Jahr 1961.

In Zagreb, mit der Gründung der internationalen Künstlerbewegung ‘Neue Tendenzen’, besser als ‘Nouvelles Tendances’ bekannt nahm sie ihren Weg in die Öffentlichkeit. Die erste Ausstellung verfolgte das Ziel, junge, eher unbekannte Künstler zu präsentieren, die nach neuen Ausdrucksformen suchten.

Damit begann 1961 die Ausstellungsreihe ‘Nova Tendencija’, die erst 1973 endete. Die ‘Tendencija 1’ zeigte 25 internationale Künstler experimenteller und avantgardistischer Strömungen, die sich der ‘visuellen Forschung’ verschrieben, und mit der Einbeziehung von Wissenschaft und Technik kein Problem hatten.

1965, fand im New Yorker MoMA die von Kurator William C. Seitz* organisierte Ausstellung ‘The Responsive Eye‘ statt, die sich stark auf die ‘Nove Tendencije’ bezog und eine enorme Aufmerksamkeit erhielt. Ein Ereignis, welches in Verbindung mit der ‘Tendencija 1’ maßgeblich die Entstehung der Op-art beeinflusste. Beide Ausstellungen werden als Geburtsstunde der Op-art angesehen, und lösten einen internationalen Boom aus.

Interessanterweise kann am Beispiel der ‘Neuen Tendenzen’

auch das Entstehen der Computerkunst verfolgt werden.

Chronologisch weisen beide Kunstrichtungen eine erstaunliche Parallelität auf. Angefangen von den Wurzeln in den fünfziger Jahren bis hin zu der Tatsache, dass beide im selben Zeitraum ihre neue Kunst der Öffentlichkeit präsentierten, um ebenso zeitgleich einen regelrechten Boom zu erleben.

Dass damals in westlichen Ländern Künstler zeitgleich und erstmalig mit Computergrafiksystemen arbeiteten, war für die Zagreber Aktivitäten mehr als ein glücklicher Zufall. Es eröffnete ganz neue  künstlerische Aspekte. Daher zeigen die ‘Neuen Tendenzen’ in ihrer Entwicklung u.a., in welchem Zusammenhang Op-art und Computerkunst stehen, sich seit damals wechselseitig beeinflussen und miteinander weiterentwickeln.

Optische Kunst, bzw. optische Täuschungen sind für mich der reizvollste Bereich meiner künstlerischen Arbeit. Er bietet nicht nur die für mich perfekte Option der Interaktion zwischen Kunst und Wissenschaft. Op-Art eignet sich hervorragend zur Darstellung neurowissenschaftlicher  sowie wahrnehmungspsychologischer Erkenntnisse.

Ich nenne diese Kunstform ‘Braintertainment-Art’, und finde es faszinierend,

als Künstlerin mit diesen Bildern die menschliche Wahrnehmung herauszufordern

und auszutricksen.

Meine Op-Art-Bilder widme ich meiner Mutter Resel Grawe, die mit dem Kauf eines Vasarely-Bildes wahrscheinlich den Grundstein für mein heutiges Schaffen im Bereich Op-Art legte. Dafür bin ich ihr heute noch sehr dankbar.

Ich erinnere mich gut daran, wie wichtig es ihr war,

unser Interesse an moderner Kunst zu wecken.

Das ist ihr auf jeden Fall bei mir gelungen. Auch wenn ihr ein Kunstwerk einmal nicht gefiel, so war sie doch immer,  oder vielleicht gerade dann, besonders interessiert, es vorbehaltlos zu ergründen.  Dazu gehörte auch, mehr über den jeweiligen Künstler zu erfahren, oder im günstigsten Fall das direkte Gespräch mit ihm/ihr zu suchen.

Eine wunderbare Art der Kunstbetrachtung hat sie mir so vorgelebt, die zudem getragen war von einer ansteckenden Begeisterung.  Nicht nur dafür liebe ich sie so sehr.

Das Vasarely-Bild, dass meine Mutter damals mit nach Hause brachte, war ein sogenanntes Kippbild; einer der berühmten Würfel. Sie erzählte mir dazu von dem Künstler Vasarely und der Besonderheit seiner Kunst. Wir staunten gemeinsam, über das, was dieses Bild vermochte. Es war auf interessante Art und Weise verwirrend.

Ich habe danach noch oft  davor gestanden

und versucht, den Kippeffekt erfassen.

Es hat mich so nachhaltig beeindruckt, dass mich die Gedanken daran nie wirklich verlassen haben. Auch den Namen Vasarely habe ich nie vergessen.Kein Wunder also, dass dieses Interesse im Laufe meiner Entwicklung als Künstlerin verstärkt zum Ausdruck kam.

Schön, dass ich heute Antworten auf die Fragen von damals finde und nun weiß, wie der Kippeffekt und andere optische Täuschungen zustande kommen. Op-Art ist der Bereich in meinem künstlerischen Schaffen, der mir mittlerweile am Wichtigsten ist. An ganz neuen, bzw.  neuen Versionen bestehender optischer Täuschungen zu arbeiten, ist für mich die größte und beste künstlerischste Herausforderung.

 

*Henryk Berlewi: 1894-1967, polnischer Maler und Grafiker

*William C. Seitz: 1914-1974, amerikanischer Kunsthistoriker, Assistant Professor in Princeton und 1959-1965 Kurator am   Museum of Modern Art

*Victor Vasarely: 1906-1997, französischer Maler und Grafiker ungarischer Abstammung. Vasarely gilt weltweit als berühmtester Vertreter der Op-art.

 

Literatur- und Linkliste

 

  • Kunst und Computer – Begegnung zweier Welten : Pressetext der Kunsthalle Bremen vom 01.06.2006:Ex Machina – Frühe Computergrafik bis 1979. Die Sammlungen Franke und weitere Stiftungen in der Kunsthalle Bremen. Herbert W. Franke zum 80. Geburtstag
  • Wulf Herzogenrath, Barbara Nierhoff-Wielke: Ex Machina ? Frühe Computergrafik bis 1979 : Die Sammlungen Franke und weitere Stiftungen in der Kunsthalle Bremen/Herbert W. Franke zum 80.Geburtstag. Katalog (zugleich Bestandskatalog) zur Ausstellung in der Kunsthalle Bremen vom 17. – 29.Juni 2007. – Deutscher Kunstverlag, 2007. – ISBN: 3422066896
  • Kunst als K hoch 8 : eine Korrektur / Essaytext v. Peter Weibel. – Einleitung der ausstellungsbegleitenden Broschüre “bit international. [Nove] tendencije – Computer und visuelle Forschung, Zagreb 1961–1973”, 2te veränd. Aufl., ZKM | Karlsruhe: 2007