Art of Science – Beauty in Creation
13. November 2013
Brigitte Grawe

In Aachen findet gerade eine spannende Ausstellung statt, der ein ganz aktuelles Thema zugrunde liegt; das Higgsteilchen. Im Rahmen der Reihe „RWTHextern“ präsentiert die RWTH Aachen University Bilder des Künstlers und Physikers Michael Hoch. Auftakt war die diesjährige Wissenschaftsnacht.

Zu diesem Anlass hatten interessierte Besucher nicht nur die Möglichkeit vorab einen Teil der Bilder zu sehen, sondern auch einen ergänzenden Vortrag zu hören. Prof. Achim Stahl vom Lehrstuhl f. Experimentalphysik  und Dr. Michael Hoch referierten gemeinsam unter dem Titel „Das Higgs-Teilchen  – Von der Wissenschaft zur Kunst“.

Michael Hoch – gebürtiger Wiener – arbeitet als Physiker am Kernforschungszentrum CERN in Genf. Dort lief drei Jahre lang das CMS-Experiment. Ergebnis; das seit den 60er Jahren vermutete Higgs-Boson konnte nachgewiesen werden. Ein wichtiger Schritt in der Grundlagenforschung.

Doch was ist ein Higgs-Teilchen?

Ich hatte zwar davon gehört, aber mich nie damit befasst. Inzwischen habe ich mich etwas eingelesen, einiges von Michael Hoch erfahren und den Vortrag besucht. Im nächsten Abschnitt habe ich versucht, aus diesem sehr komplexen Thema eine kurze, leicht verständliche, Erklärung zu ‘basteln’.

Ich habe lange überlegt, ob das an dieser Stelle von Interesse ist. Ich finde, ja! Etwas über diese sehr besondere Forschung zu wissen, erschließt den Zugang zu den Kunstwerken auf sinnvolle Weise.

Alles was wir um uns herum sehen besteht aus Materie;

Menschen, Tiere, Pflanzen, unsere Erde und alle Planeten.

Doch woraus setzt sich Materie zusammen? Was sind die kleinsten (Bau)Teilchen im Universum? Was hält die Welt zusammen? Das sind die Fragen, mit denen sich Grundlagenforscher, bzw. Teilchenphysiker aber auch Philosophen und Künstler seit Jahrtausenden auseinandersetzen. Lange Zeit nahm man an, das Atom sei das kleinste Bauteilchen.

Doch im weiteren Verlauf der Forschung entdeckte man den inneren Aufbau, und wurde damit eines Besseren belehrt. Inzwischen weiß man, es gibt insgesamt 12 Materieteilchen. Sie bilden die elementaren Bausteine des Universums. Im sog. Standardmodell der Teilchenphysik sind alle bisherigen Kenntnisse darüber zusammengefasst. Doch für den Beweis dieser Theorie fehlte etwas Entscheidendes.

„Dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält”  Goethe, Faust I

Materie besteht aus Materie- und Kraftteilchen. Zwischen diesen erzeugen Wechselwirkungen Kräfte, die die Materie zusammenhalten. Um diese Wechselwirkung zu erzeugen, benötigen sie Masse. Und genau da lag der Hase im Pfeffer.

Denn wie diese Masse erzeugt wird, war unklar. 1964 vermuteten die Wissenschaftler Higgs, Englert und Brout unabhängig voneinander ein Hintergrundfeld. Dieses Feld – heute Higgs-Feld genannt – ist unsichtbar und existiert im gesamten Universum.

Lediglich durch seine Schwingungen ist es messbar. Dazu schickt man schwere Teilchen hindurch, die unter bestimmten Bedingungen Higgs-Teilchen erzeugen, die selbst eine Masse haben und somit nachweisbar werden.

Für dieses Vorhaben wurde im CERN der größte Teilchenbeschleuniger der Welt gebaut;

Large Hadron Collider (LHC) – ein 27 km langer Ringtunnel.

In zwei dünnen Rohren werden hier Protonen fast mit Lichtgeschwindigkeit zur Kollision gebracht. Um die dabei entstehenden Teilchen genau vermessen zu können, wurden insgesamt vier Detektoren, gebaut. Darunter der CMS-Detektor.  In ca. 400 Messungen von vielen Billionen konnte man dort schließlich das Higgs-Teilchen nachweisen.

Forschung dieser Größenordnung erfordert viele kluge Köpfe. Mehr als 3000 Wissenschaftler aus 41 Ländern, bzw. 179 Instituten beteiligten sich am CMS-Experiment. Michael Hoch inspirierte die Arbeit daran zum künstlerischen Output.

„Meine Kunstwerke verstehen sich als Hommage an den Large Hadron Collider, kurz LHC, den Experimenten am CERN und all den beteiligten Menschen, die dieses Wunderwerk der Ingenieurskunst möglich gemacht haben. Im Zentrum dieser Ausstellung steht der Compact Muon Solenoid Detektor, kurz CMS, bei dem ich als Physiker tätig bin. Erst die exakte wissenschaftliche Forschung erlaubt es uns, die Geheimnisse der Natur zu entschlüsseln. In meinen Kunstwerken verschmelzen die von Menschen entwickelten riesigen Forschungsapparaturen mit dem scheinbar chaotischen Erscheinungsbild von Blüten, dem Sinnbild der Natur.” Michael Hoch

In der aktuellen Ausstellung “Art of Science – Beauty in Creation” sind zwei unterschiedliche Schwerpunkte und Arbeitsweisen seiner Kunst zu sehen.  “Materie – Antimaterie” ist eine der Thematiken. Diese Arbeiten entstehen durch Bildbearbeitung digitaler Fotografien des Detektors am Computer.

Ganz anders geht der Künstler bei den großflächige Kollagen vor.

Dazu zerlegt er Fotografien des Detektors und Naturfotografien in geometrische Formen, um sie anschließend neu zusammenzusetzen. Bei der Betrachtung sieht und spürt man, dass der Künstler mehr als eine bloße Begeisterung für beide Bereiche hegt.

Es ist das ‚Aufgehen‘ in der Wissenschaft genauso wie in der Kunst, das unweigerlich einen Weg nach ‚draußen‘ gesucht und gefunden hat. Ein großes Anliegen des Künstlers ist es darüber hinaus, mit seinen Werken die Neugierde für Wissenschaft an sich und das CMS-Experiment im Besonderen zu wecken.

Wie ich finde, gelingt ihm das ausgesprochen gut – in Wort und Bild gleichermaßen.

Alles in allem eine mehr als sehenswerte Ausstellung. Bis zum 13. Dezember sind die Arbeiten im Foyer des Hörsaalgebäudes, Prof.-Pirlet-Str. 12 in Aachen noch zu sehen. Öffnungszeiten: Mo-Fr, 10.00 – 18.00 Uhr. Wer mehr wissen möchte, sollte sich unbedingt die Homepage des Künstlers ansehen.

Sie trägt übrigens den Namen ‘adventureart‘, was ich sehr bezeichnend finde. Denn Wissenschaft und Kunst sind und waren immer auch ein Abenteuer, das man mit Neugierde beachten, aber auch kritisch im Auge behalten sollte.

Eine weitere Gelegenheit Michael Hochs Bilder zu sehen besteht derzeit in Bonn. Vom 15. November 2013 bis 20. Januar 2014  stellt er im Foyer des Wissenschaftszentrums Bonn zum Thema ‘Faszination Ursprung’ aus. Mehr dazu hier.

Ich habe Michael auf Initiative der RWTH erstmalig persönlich kennengelernt.

In einem ausgesprochen anregenden Gespräch konnten wir nicht wenige Parallelen unserer künstlerischen Arbeit entdecken. Ich denke, dass wir in der Zukunft durchaus in einigen Punkten voneinander profitieren könnten. Zu meiner großen Freude bekomme ich von Michael einige seiner Fotos des CMS-Detektors, um ebenfalls damit arbeiten zu können.

D.h. für mich aber auch, zuvor etwas tiefer in die Physik, speziell die Higgs-Thematik einzutauchen. Ich bin sehr gespannt, ob sich die Fotos für meine künstlerische Arbeit eignen und welchen Output sie bei mir erzeugen.

Für mich ist dieses Projekt aber auch deshalb von großem Interesse, weil ich neugierig bin,

wie ich als Nicht-Physikerin diese Thematik künstlerisch umsetzen werde.

In jedem Fall wird es spannend werden. Über den weiteren Verlauf werde ich natürlich hier berichten. An dieser Stelle auch ein ‘Danke schön’ an Jens Lundszien von der RWTH, der diesen Kontakt angeregt hat. Sehen Sie sich nun einige Impressionen der Ausstellung Michael Hochs an:

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