Letzten Samstag hatte ich eine ganz besondere Begegnung in meiner Ausstellung. Am Ende hatte ich ein Bild verkauft, obwohl die Käuferin ursprünglich nur eine Frage stellen wollte. Und die hatte nicht einmal etwas mit meiner Kunst zu tun. …

So kam also am Nachmittag eine mir unbekannte alte Dame mit Rollator in Begleitung einer jungen Frau in die Galerie. Sie schien sich verschluckt zu haben und hustete. So nahm ich zunächst an, sie bräuchte lediglich etwas Wasser und brachte es ihr gerne. Ihre Hände zitterten stark, als sie nach dem Glas griff.

Während sie trank erklärte sie mir, dass sie nur ein oder zwei Fragen habe. Seit längerem nicht mehr in Aachen wohnhaft, war sie nur zu Besuch in der Stadt. Bei einem Gang durch die City hatte sie sich gewundert warum der zuvor in der Galerie beheimatete Hutladen nicht mehr da war. Das war eigentlich alles, was sie wissen wollte.

So kamen wir also ins Gespräch, das recht schnell sehr anregend wurde. Sie erzählte von sich und einer sehr schweren Zeit, die gerade mehr oder weniger hinter ihr lag. Das erlebte Unrecht hatte sie krank gemacht. So litt sie unter anderem an Parkinson.

Doch das tat ihrem Intellekt keinen Abbruch – im Gegenteil. Sie läßt sich nicht unterkriegen und macht das Beste aus ihrem Leben. So schreibt sie beispielsweise Kurzgeschichten. All das klang sehr interessant und die Wellenlänge zwischen uns stimmte einfach. Wir mochten uns auf Anhieb.

Nach einigem Erzählen wandte sie sich neugierig meiner Kunst zu. Erstaunlich schnell erfasste sie die optischen Täuschungseffekte und war begeistert. Nicht nur die Art und Weise wie meine Bilder entstehen und die Farbgestaltung sprachen sie an. Ihr gefiel, dass sie bei längerer Betrachtung eine Art Eigenleben entwickeln.

Es dauerte nicht lange, und sie hatte sich regelrecht in eine meiner Arbeiten verliebt. Begeistert von den genau zu einer gepolsterten Sitzbank in ihrer Wohnung passenden Farbtönen und den Effekten des Motivs saß sie wie gebannt davor und konnte sich nicht satt sehen.

Dann kündigte sie zu meiner Freude an, das Bild kaufen zu wollen. Da sie in der nächsten Woche noch einmal in Aachen sein würde, käme sie dazu noch einmal in die Galerie. Doch dann kamen ihr Zweifel angesichts anstehender Termine. Würde sie es da rechtzeitig in die Galerie schaffen? Sie dachte nach …

Die Begeisterung für mein Bild schien sie richtig aufblühen zu lassen. Kurzerhand und beschwingt entschied sie, das Bild direkt zu kaufen. Ihre einzige Unsicherheit, wie sie das Bild nach Hause bekommen könne, ließ sich schnell klären. Ich versprach ihr, mich persönlich darum zu kümmern.

Nachdem wir die Formalitäten abgewickelt hatten, unterhielten wir uns noch eine ganze Weile. Wir hätten noch Stunden lang miteinander reden können. Mit einer Umarmung und dem Versprechen, dass sie mir einige ihrer Kurzgeschichten schicken wolle, verabschiedeten wir uns.

Als ich kurz darauf die Galerie abschloss und mich auf den Heimweg machte, musste ich immer noch über diesen Kauf nachdenken. Natürlich freut man sich als KünstlerIn über diesen Erfolg. Doch viel mehr als das ist mir diese Begegnung ans Herz gegangen.

Es war eines dieser besonderen und vielleicht auch nicht ganz so zufälligen Zusammentreffen fremder Menschen, die wir manchmal erleben. Ich muss dann immer an ein Zitat denken:

Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben so lebenswert machen.

Guy de Maupassant

Und genau so ist es. Beglückend, inspirierend und reichhaltig kann es sein, sich auf einen unbekannten Menschen einzulassen. Das sind kostbare Geschenke des Lebens für die man aber auch offen sein muss.

Und ich habe in dieser Hinsicht Glück! Gerade durch meine Kunst aber auch meine Arbeit als Fotografin werde ich auf diese Art regelmäßig beschenkt. Das macht happy.

Am Samstag geht die Ausstellung zu Ende. Dann kann ich das Bild auf seinen Weg bringen. Die Vorstellung, wie sehr sie sich freuen wird, es über der Sitzbank hängen zu haben, macht mich sehr froh. Und ich hoffe, dass wir in Zukunft vielleicht öfter Kontakt haben werden.