Meistens kommt es anders und zweitens als man denkt
8. Mai 2014
Brigitte Grawe
Da hatte ich eine so schöne und stimmige Jahresplanung aufgestellt, viele Ausstellungstermine und Reisen inbegriffen. Doch wie das Leben eben manchmal so spielt, kommt nun alles ganz anders – und das ist auch gut so. Für die geänderte Marschroute gibt es mehrere Gründe. Alles begann mit meinem Rückflug von Stockholm; ich bekam aufgrund einer Pollenallergie massive Probleme mit den Ohren.

Das wiederum legte mich einige Wochen lahm. Da war dann auch nicht viel mit Kunst. Schon dadurch schob ich einiges vor mir her. Die nächste böse Überraschung war dann meine defekte Festplatte; die Datenrettung wird mich eine fette Stange Geld kosten.

Tja, und dann ist da noch die Sache mit dem ursprünglich für 2015 geplanten Umzug.

Meine ehemals so schöne Wohngegend ist laut und ungemütlich geworden. Ich finde immer seltener die notwendige Ruhe zur Erholung oder künstlerischen Arbeit. Der zunehmende Lärm macht mich krank. Da sich die Auswirkungen davon immer deutlicher zeigen, habe ich eine Entscheidung getroffen: Der Umzug muss jetzt erfolgen, schon meiner Gesundheit zuliebe!

Außerdem brauche ich der Kunst wegen mehr Platz, viel mehr Platz. Idealerweise möchte ich mir ein Atelier einrichten. Was das konkret heißt, kann sich wohl jeder vorstellen. Wohnungs-, bzw. Haussuche braucht Zeit, ganz zu schweigen von den Umzugsarbeiten. Aber ich freue mich darauf. Ich sehe mich schon in neuer Umgebung glücklich und mit vollem Elan durchstarten.

Dafür muss und darf die Kunst jetzt etwas in den Hintergrund treten.

Nicht völlig, aber meine nächsten Ausstellungs- und Reiseprojekte sind erst mal gecancelt und werden dann eben 2015 stattfinden. Gut Ding will Weile haben. Glücklicherweise war der fetteste Brocken bereits um ein Jahr verschoben worden. Die geplante Wanderausstellung, die mit ihrem Auftakt an der RWTH Aachen University ihren Weg aufnehmen soll, ist nach einem ersten Vorgespräch auf 2015 terminiert worden.

Da mich die RWTH im weiteren Verlauf der Ausstellung durch hoffentlich zahlreich interessierte Universitäten und Hochschulen maßgeblich unterstützt, haben wir uns auf einen längeren Vorlauf geeinigt. Schließlich soll das Ganze ebenso erfolgreich werden wie meine große Ausstellung in 2010. Mit dem von mir inzwischen ausgearbeiteten Ausstellungskonzept geht es demnächst mit der RWTH in die konkrete Planung.

In meiner übrigen Zeit werde ich mich endlich wieder

intensiv mit dem Higgs-Kunst-Projekt befassen.

Das ursprünglich auf drei Monate angesetzte Thema ist so ergiebig und vielschichtig, dass ich es zum Jahresprojekt gemacht habe. Mal sehen, vielleicht fließt es ja sogar in meine Wanderausstellung mit ein. Und ich versuche natürlich, wenigstens meine Reise nach Genf zu machen. Die Besichtigung des CERN ist unabdingbar.

Der letzte Grund für meine neue Marschroute ist wie bereits erwähnt die defekte Festplatte. Wie mir zwei Gutachter bestätigt haben, ist die Datenrettung nur in einem Reinraumlabor möglich. Und das kostet richtig viel Geld, bis zu 2500,- € muss ich einkalkulieren. Eine Summe, die natürlich auch mein eingeplantes Reisebudget schmälert. Aber das Problem werde ich nach dem Umzug angehen.

So ist das im Leben, selten verläuft alles glatt.

Und das ist auch in Ordnung so, denn das Reagieren auf veränderte Situationen ist immer eine Herausforderung. Und Herausforderungen liebe ich, sie machen das Leben spannend. Wie langweilig wäre es doch, wenn alles immer vorhersehbar und wie geplant geschehen würde. Nein, das ist nichts für mich! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich mag die Auf und Abs des Lebens.

Vielleicht liegt es auch daran, dass ich eine unerschütterliche Optimistin bin. Manchmal muss man eben Entscheidungen treffen, und neue Wege gehen. Dazu fällt mir eines meiner Lieblingsgedichte ein:

Ich liebe den Moment der Entscheidung,
nach dem Wählen eines Weges,
wenn es kein zurück mehr gibt,
und alle Energien in eine Richtung fließen.

Dieser Moment der Freiheit,
der noch im Schatten der Angst steht,
dass ich die falsche Entscheidung getroffen habe,
dieser Moment beansprucht alle Kraft,
damit Raum entsteht,
in dem Leben sich ausdehnen kann.

Diese konzentrierte Einseitigkeit,
dieses Vertrauen mit dem ganzen Wesen,
dieses Glauben, dass ich beteiligt bin
an Entschlüssen, die Leben fördern,
dieses Lebendigsein
liebe ich.

Ulrich Schaffer

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