Meine Kunst im Laufe der Jahre
13. Juli 2018
Brigitte Grawe

Zu Beginn war mein künstlerisches Schaffen darauf ausgerichtet meine Bilder wie gemalt aussehen zu lassen. Ich fand es interessant und herausfordernd, mit einem rein technischen Medium solche Ergebnisse zu erzeugen. Die weichen Strukturen führten tatsächlich Betrachter meiner Bilder in die Irre. Die manchmal auch auf Staffeleien präsentierten Ausdrucke wurden für Malerei gehalten.

Erklärte ich die tatsächliche Machart, löste das stets großes Staunen bis hin zu Unglauben aus. So konnte ich damals noch teilweise herrschenden Vorurteilen entgegnen, die technisch hergestellter Kunst ihre Seele absprachen oder sie zumindest in Frage stellten. Ein Künstler – egal wie er arbeitet – legt immer sein Innerstes in seine Arbeit mit hinein. Wie ich vorgehe, können Sie übrigens hier nachlesen: Bildentstehung.

Mit der Zeit sah ich allerdings einen Widerspruch in dieser Arbeitsweise. Ich war keine Malerin, sondern hatte mich ganz bewusst für den Computer als Werkzeug entschieden. Warum also sollten meine Bilder wie gemalt aussehen? Ich begann mich davon zu lösen.

In dieser Zeit entstand das folgende Bild, das genau diesen Umbruch in meiner Kunst thematisiert. Es zeigt einerseits die gewohnt weichen aber auch stark verpixelte Strukturen. Es sollte die Vereinbarkeit von Technik und Kunst darstellen:

Hinzu kam auch, dass ich mehr als nur dekorative Bilder gestalten wollte. Als wirkliche Künstlerin sah ich mich damals nicht, allenfalls als Kreative. Mir fehlte der intellektuelle Tiefgang in meiner Arbeit. Ich fragte mich ständig, wie das andere Künstler geschafft hatten. Würde ich das jemals erreichen?

Ich begann zu suchen; in mir und meinem Leben.

Da war so vieles, das mich interessierte und umtrieb. Doch wie konnte es Eingang finden in meine Bilder?  Und vor allem; was davon war geeignet? Die vielen Fragen erübrigten sich jedoch ganz schnell. Der Übergang zu anspruchsvoller Kunst kam von ganz alleine. Meine Bilder verloren ihre Weichheit und bekamen mehr klare, definiertere Strukturen.

Was mich beschäftigte, spiegelte sich schon bald in meiner Arbeit wieder. Von ganz alleine nahmem meine Bilder Themen auf, über die ich etwas gelesen hatte. Wie hier zum Beispiel, nach einem Bericht über Atomphysik:

Erstaunlich; die bis dahin von mir als überwiegend dekorativ empfundenen Bilder zeigten mir nun, dass mehr darin steckte. Ich hatte es nur nicht wahrgenommen. Erst jetzt sah ich, welche Inhalte ich darin unterbewusst verarbeitet hatte. Eine spannende Reise in mein eigenes Ich begann.

In einer Analyse meiner Arbeiten konnte ich beispielsweise erkennen,

wie sehr ich das Thema Tod darin verarbeitet hatte.

Seit meinem 17. Lebensjahr hatte ich zu viele und tragische Abschiede nehmen müssen. In meiner Kunst hatte ich dem unbewusst Ausdruck gegeben. Jetzt erklärte sich, warum ich von Anfang an immer wieder Tunnelbilder gemacht hatte. Ich ordnete alle diese Arbeiten chronologisch und konnte einen positiven Prozess darin erkennen.

Waren die ersten Arbeiten noch trüb und dunkel, wurden sie zunehmend freundlicher, farbenfroher und harmonischer. Zudem hatte ich den letzten Bildern immer ein Licht hinzugefügt. Warum wusste ich nicht, es geschah einem inneren Drang folgend. Es tat mir auch seelisch gut, der Last meiner Seele Ausdruck verliehen zu haben.

Ich konnte Ballast hinter mir lassen.

Bei einer Ausstellung erlebte ich mit einem dieser Bilder, wie sehr ich damit auch andere Menschen mit ähnlichen Erfahrungen berührte. Gleich mehrere Besucherinnen öffneten im Gespräch mit mir und ausgelöst durch diese Arbeit ihre Seele. Sie erzählten mir aus ihrem Leben und wie sehr sie sich und ihre eigenen Erlebnisse auf positive Weise in diesem Bild wiederfanden.

Auch surrealistische Bilder entstanden zu dieser Zeit. Das liegt wohl daran, dass mich Philosophie in meinem Leben schon seit der Kindheit begleitet. In schweren Zeiten vertiefte sich die Auseinandersetzung damit. Wer traumatische, schwere Abschiede nehmen muss, setzt sich unweigerlich mit den Tiefen des Seins auseinander.

Die Wahrnehmung dessen, was ich da tat, war eine der

wichtigsten Erkenntnisse meiner künstlerischen Laufbahn.

Ich begann mich anders wahrzunehmen und verstand, was es bedeutet Künstlerin zu sein. Das warf auch noch einmal einen neuen Blick auf meinen Vater, einen leidenschaftlichen Kunstmaler und Fotografen. Er hatte mir die kreativen Gene nicht nur in die Wiege, sondern im tagtäglichen Leben auch ans Herz gelegt. Ich erinnerte mich, dass er mir einmal erzählte, wie sehr er es liebte an der Staffelei nachzudenken. Während des Malens fand er die nötige Ruhe dazu. Nun verstand ich, warum er war wie er war; ein ausgeglichener, liebender und feinfühliger Mensch. Auch in seiner Kunst kann man das ganz klar erkennen.

Angekommen …

Nun war auch ich endlich in meiner Kunst angekommen und fühlte mich ausgesprochen wohl darin. Es nahm mein ganzes Denken in Anspruch; rund um die Uhr und Tag für Tag. Auch wenn ich mit ganz anderen Dingen befasst war; sie ließ mich nicht los. Einen ‘Aus-Schalter’ gibt es für KünstlerInnen nicht. Was ich auch sah, las oder tat; floss in meine Bilder ein.

Das merkte ich auch bei meiner Arbeit an der Aachener Universität. Sie hat mein großes Interesse an jeglichen Disziplinen der Wissenschaft und Forschung nachhaltig geweckt, beflügelt und damit natürlich auch meine Kunst inspiriert. Nur noch Fachliteratur verschlingend, wurde ich regelrecht süchtig nach Wissen. Ich abonnierte Fachzeitschriften und war immer mit einer großen Tasche voller Bücher unterwegs.

Ich las ständig und überall.

Mein zunehmendes Wissen in Verbindung mit meiner Tätigkeit an der Uni zeigten mir aber auch die Schattenseiten der Wissenschaften. Ich lernte meiner Begeisterung genauso viel kritisches Denken beizumischen. Die richtige Rezeptur wie ich finde. All das hat mich sehr verändert. Ich begann anders zu denken; viel strukturierter und noch ratiogesteuerter als bisher. Wohin dieser Weg führen würde, war eigentlich vorauszusehen. Es nahm großen Einfluss auf mein künstlerisches Schaffen.

Architektur

Es kam wie es kommen musste. Nach und nach flossen immer mehr dieser Themen in meine Kunst ein. Zunächst war es Architektur und meine Begeisterung und Faszination für ihre voranschreitenden Möglichkeiten. Wie viele Forschungsgebiete, bzw. Ingenieurbereiche daran beteiligt sind! Speziell interessierten mich Wolkenkratzer. Ich begann auf meine Weise künstlerisch zu entwerfen:

Fortschrittlichkeit und visionäres Denken sind ganz mein Ding. Daher rührt wohl meine Faszination nur für moderne Architektur, insbesondere für Wolkenkratzer. Schon diese Bezeichnung finde ich inspirierend. Nichts steht wohl sinnbildlich so sehr für innovative Architektur wie diese Bauten. Seit jeher will der Mensch hoch hinaus, das demonstrieren diese Gebäude auf eindrucksvolle Weise.

Ich habe viel darüber gelesen; von den Anfängen bis heute. Natürlich sehe ich auch die in gesellschaftspolitischer Hinsicht kritische Seite. Doch die Ästhetik, mit der so ein Bauwerk aufwarten kann, begeistert mich einfach als Künstlerin & Fotografin. Wenn ich mit meiner Kamera vor so einem Monument stehe, bin ich einfach hin und weg. Kein Wunder also, welchen Einfluss das auf meine Kunst hatte. Hier gibt es einen Blogbeitrag über Geschichte und Entwicklung der Wolkenkratzer sowie meine Bilder dazu: Architektur: Skyscraper / Wolkenkratzer

Alles Neuro, oder was?

Mehr als alles andere interessierten mich aber schon vor meiner Zeit als Künstlerin die Neurowissenschaften. Seit nunmehr 14 Jahren lese ich alles, was ich darüber in die Hände bekomme. Wenn es die Fee mit den drei Wünschen gäbe, so wäre mein größter, Neurowissenschaftlerin zu sein. Ich habe tatsächlich lange darüber nachgedacht ein nachträgliches Studium zu absolvieren.  Aber ich war lange aufgrund meiner Familie an Aachen und auch zeitlich gebunden.

Da es sich bei Neurowissenschaft um ein klinisches Studium handelt, kann man es auch nicht per Fernstudium absolvieren und Aachen bot ihn damals nicht an. Mein Traum war lange, mit einem solchen Abschluss populärwissenschaftliche Literatur zu publizieren. Das zu realisieren hatte ich für mich abgeschrieben. Doch das Leben hat seine eigenen Wege, und manchmal ahnt man nicht, dass sich die Erfüllung eines Traums längst anbahnt …

Sie werden an dieser Stelle längst vermuten; auch die Neurowissenschaften nahmen ihren Weg in meine Kunst. Und das sollte die spannendste Ausrichtung werden, die ich für mich entdecken konnte. Zunächst zeigte sich das in Bildern, die mein Interesse thematisch widerspiegelten. Diese Bilder nenne ich ‘wissenschaftsfaszinierte Kunst’.

Titel: “Blue Brain”

Lange stellte mich diese künstlerische Form der Umsetzung nicht zufrieden; ich wollte mehr. Mein Interesse an Neurowissenschaften richtete sich nun ausschließlich auf visuelle  Wahrnehmung. Eine naheliegende und spannende Disziplin für mich als Künstlerin. So tauchte ich mit und mit immer tiefer in meine neue Kunstrichtung ein samt wissenschaftlicher Einflüsse.

Op-Art ist mein Ding!

In der Interaktion zwischen Kunst und Wissenschaft suchte ich neue Ansätze für mich. Doch wie sollte das aussehen? Die Antwort darauf hieß Op-Art; eine Kunstform, die optische Täuschungen erzeugt. Das war eigentlich eine zwangsläufige Entwicklung. Nicht nur, weil meine Kunst immer konkreter wurde und sich mein Werkzeug Computer perfekt dafür eignet. Mich begeisterte zunehmend das Spiel mit Linien, Formen und Farben. Die Weichheit meiner frühen Arbeiten rückte in den Hintergrund.

Inzwischen nutzte ich auch nicht mehr die einfache Software wie zu Beginn. Ich war auf Bildbearbeitungsprogramme für Grafiker und Fotografen umgestiegen. Diese Werkzeuge für Profis gaben mir viel mehr Möglichkeiten in den Veränderungsprozessen meiner Fotografien hin zur Kunst. Das kam mir auf ganzer Linie zu gute. Ich befand mich nun auf direktem Weg in die Op-Art …

Mit optischer Kunst kam ich als 15jährige erstmalig in Berührung. Meine Mutter brachte damals einen Druck von Vasarely mit nach Hause. Es war ein sogenanntes Kippbild. Dabei springt in der Betrachtung die Ausrichtung der Perspektive im Sekundentakt zwischen zwei Möglichkeiten hin und her. Ich stand damals immer wieder staunend davor und fragte mich, wie das möglich sein konnte. Diese Gedanken und vor allem Fragen haben mich nie losgelassen.

So kam also, was kommen musste! Ich versuchte mich nun selber in dieser Kunstform und hatte schnell den Dreh raus. Ich suchte nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zu optischen Illusionen und wurde in der Neurobiologie fündig. Ich entdeckte eine mir bis dahin unbekannte Disziplin mit dem bezeichnenden Namen Neuroästhetik. Sie befasst sich mit der Erforschung neurologischer Grundlagen von Kreativität, Ästhetik und Kunstwahrnehmung sowie subjektiven Bewusstseinszuständen wie Liebe, Hass und Schönheit.

Dabei werden kreative Prozesse als Ausdruck der Hirnfunktionen verstanden und ästhetische Wahrnehmung auf neurobiologische Grundlagen zurückgeführt. Durch die Betrachtung künstlerischer Arbeiten lassen sich Erkenntnisse über die Organisation des Gehirns zu gewinnen. Hört sich merkwürdig an, ist es aber nicht, im Gegenteil. Ein wichtiges Ziel dieser Forschung; die Ergebnisse Künstlern zur Verfügung zu stellen und so beide Seiten – also Wissenschaft & Kunst –  zusammenzubringen.

Jetzt weiß ich’s endlich!

Nun hatte ich es schwarz auf weiß. Es gab wissenschaftliche Erklärungen, wie das Gehirn auf verschiedene optische Täuschungseffekte reagiert. Damit hatte ich endgültig Blut geleckt. Mein neugewonnenes Wissen konnte ich nun ganz praktisch nutzen. Das machte mir meine Arbeit als Op-Art Künstlerin leichter. Doch das Beste; ich konnte nun auch anderen Interessierten erklären, was bei dieser speziellen Wahrnehmung in unserem Gehirn passiert. Die Fragen einer 15jährigen viele Jahre zuvor waren damit endlich beantwortet.

Um die vielen Schnittstellen meiner Kunst auch anderen Menschen und vor allem Nicht-Wissenschaftlern nahezubringen, habe ich mir meine Freude am Schreiben zunutze gemacht. Über alle diese Themen begann ich Beiträge für Interessierte Laien, Nicht-Wissenschaftler und Wissenschaftler anderer Fachbereiche verständlich zusammenzufassen. Unter der Überschrift Art & Science können Sie gerne nachlesen, womit ich mich befasse. Tja, und so ist dann doch noch der Wunsch, als populärwissenschaftliche Autorin tätig sein zu können, in Erfüllung gegangen.

Nun war ich zufrieden.

Ich konnte mich mit diesen Schnittstellen in meiner Kunst verwirklichen wie nie zuvor. Ich liebe Herausforderungen und optische Täuschungen zu erzeugen ist definitiv eine sehr anspruchsvolle. Nicht nur in der Betrachtung werden gängige Gesetze der Wahrnehmung ausgehebelt. Auch im Entstehungsprozess ist das verwirrend. Da wird mir durchaus auch mal schwindelig. 🙂

Für mein Bestreben möglichst mehrere Täuschungseffekte in einem Bild zu vereinen, brauche ich viel Ruhe und Konzentration. Wenn es mir dann wieder einmal gelingt, ist das ein tolles Gefühl. Das Wissen, etwas so Komplexes wie das menschliche Gehirn mit meiner Kunst austricksen zu können, ist für mich bis heute immer wieder ein Phänomen.

Ich habe für diese Bilder den Begriff  BraintertainmentArt generiert.

Es beschreibt optimal, was diese Arbeiten für unsere Wahrnehmung bedeuten. Das heißt; es ist keine Kunst für den schnellen Blick. Hier muss sich der Betrachter mit etwas auseinandersetzen, das alle gängigen Sehprozesse auf den Kopf stellt. Dazu muss man sich Zeit nehmen. Doch dafür wird man belohnt; es ist unterhaltsam.

Meine Bilder gilt es zu entdecken. Manche Perspektiven sind so vielfältig, dass man sie erst bei längerer Betrachtung genau erfassen kann; vor allem in ihrer Unmöglichkeit. Dreht man sie herum, verändern sich manche Täuschungen noch einmal. So kann man sich mit meiner Kunst richtig beschäftigen. Was wünscht man sich als KünstlerIn mehr?

Sehen Sie hier zwei Beispiele. Ich habe zwei einfache Motive ausgewählt, sozusagen für Anfänger. Mehr sehen Sie in meinen Galerien.

3D und Zöllnersche Täuschung: Die senkrechten Kanten scheinen schräg zu stehen. Tatsächlich sind sie absolut parallel zueinander.
Drehen Sie den Kopf einmal nach rechts und einmal nach links, werden Sie erkennen, dass sich die Ausrichtung der Lamellen noch einmal verändert:

Hier sehen Sie eine unmögliche Perspektive:

Ein wichtiger Aspekt meiner Op-Art ist die Chance, Betrachtern meiner Kunst auf unterhaltsame Weise die Funktionen unseres Gehirns nahezubringen. Und ich habe bis heute noch niemanden vor meinen Bildern stehen sehen, der nicht mehr wissen wollte. Eine kurzweilige Möglichkeit wissenschaftliche Inhalte zu vermitteln, ohne trockene Vorträge zu halten.

Genau dieses spezielle Interesse an meiner Kunst war auch Grund genug für die Aachener Uni, mich zu fördern. Das war eine große Chance für mich. Ich hatte schon häufig ausgestellt. Aber das hier war doch ganz meine Richtung. Hier gehörte meine Kunst hin; an eine Universität. Ich bekam eine große Ausstellung. In einer riesigen Halle durfte ich gleich mehrere Wochen einen schönen Querschnitt meiner Arbeit präsentieren mit allem drum und dran. Ich hing Plakate mit erklärenden Texten aus, die neben den Bildern auf reges Interesse stießen. Insgesamt präsentierte ich etwa 60 Bilder.

Schon die Eröffnung war ein großer Erfolg; 70 Besucher und die Presse beider Tageszeitungen Aachens waren anwesend. Und das an einem Montagabend! Es folgten mehrere Berichte mit Fotos in der Presse. Auf dem gesamten Unigelände hingen Plakate aus, und so kamen Studenten, Professoren, nichtwissenschaftliche Mitarbeiter aber auch Aachener Bürger in meine Ausstellung. Insgesamt etwas mehr als 600 Besucher zählte die Ausstellung in drei Wochen. Am letzten Tag hatte ich sogar zwei französische Schulklassen mit ihren Begleitern aus Reims in der Halle. Was für ein Abschluss!

In der Folge stellte ich über eine weitere Organisatorin anlässlich einiger wissenschaftlicher Tagungen und Events noch einige Male an der RWTH aus. Das Interesse der teilnehmenden Wissenschaftler war groß. Bei all diesen Gelegenheiten habe ich immer Bilder verkauft, meist gleich mehrere. Eine schöne Bestätigung! Darüber hinaus suchte ich mit Erfolg Kontakt zu Neurowissenschaftlern und bat auch die Uni, Kontakte zu entsprechenden Forschern herzustellen.

Aufgrund des Erfolges sollte eine Wanderausstellung meiner Bilder durch deutsche Universitäten und Hochschulen stattfinden. Die Aachener Uni wollte mir den Weg dahin ebnen, in dem sie notwendige Kontakte herstellen wollte. Der Auftakt dazu sollte an der RWTH stattfinden. Darüber hinaus sollte ich ein Empfehlungsschreiben erhalten und eventuell mit dem Titel ‘Botschafterin der RWTH’ auf Reisen geschickt werden.  Je nach Verlauf, konnten wir uns eine Ausdehnung über deutsche Grenzen hinaus vorstellen. Dazu ist es dann leider aufgrund meines Unfalls nicht mehr gekommen. Aber ich bin guter Dinge, dass sich das noch nachholen lässt.

Mit Kunst forschen

Man sollte meinen, ich sei nun restlos zufrieden gewesen. Doch je tiefer ich in die Op-Art und den neurowissenschaftlichen Hintergrund eindrang, desto mehr wollte ich. Noch mehr? Aber wie? An diesem Punkt kamen mir wieder einmal meine ständigen Recherchen und die Neuroästhetik zugute. Im Zusammenhang mit dieser Disziplin entdeckte ich die künstlerische Forschung.  Ich war sofort Feuer und Flamme. Das war’s; das fehlende i-Tüpfelchen.

Ich recherchierte jetzt mit Nachdruck in allen mir zur Verfügung stehenden Quellen, vor allem entsprechenden Datenbanken und Bibliothekskatalogen. So viele Gedanken und Fragen schwirrten durch meinen Kopf! Was mir fehlte, waren die richtigen Kontakte. Doch auch dafür fand sich eine Lösung; ich wurde Mitglied der Society for Artistic Research. Im Rahmen dieser Mitgliedschaft findet u.a. einmal jährlich eine Tagung statt, die forschende Künstler und interessierte Wissenschaftler zusammenbringt. Die erste Zusammenkunft, an der ich teilnahm, sollte in Stockholm an der Stockholmer University of the Arts  stattfinden.

Danach wollte ich meine eigene künstlerische Forschung auf die Beine stellen. Mein Ansatz lag auf der Hand; natürlich neurowissenschaftlich. Bisherige Erkenntnisse im Bezug auf die Wahrnehmung optischer Täuschungen möchte ich mit meinen eigenen Bildern auf den Prüfstand stellen. Ein weiteres Ziel; neue optische Täuschungseffekte zu entwickeln

Im Bann der Materie

Doch zuvor stellte meine Uni einen interessanten Kontakt in einer ganz neuen Richtung her. Ich lernte den Physiker und Künstler Michael Hoch kennen. Das ist ein Wissenschaftler des CERN in Genf, der an der Entdeckung des Higgs-Teilchens beteiligt war. Auch er verknüpft Wissenschaft mit Kunst und stellte unter anderem an der RWTH aus. Wir waren sofort auf einer Wellenlänge und ich durfte ein Stück weit mit einsteigen. Er stellte mir Fotografien des Large Hedron Colliders (Teilchenbeschleuniger) zur Verfügung. Die konnte ich als Grundlage für meine künstlerische Auseinandersetzung mit der für mich ganz neuen Materie nutzen.

Ich hätte bis dahin niemals gedacht, dass mich diese Forschungsrichtung so begeistern könnte. Alles andere rückte für dieses Projekt erst einmal in den Hintergrund. Ich hatte gerade ein passendes Zeitfenster, bevor das nächste größere Kunstprojekt beginnen sollte. Schnell fand ich einen für mich passenden Weg in das neue Thema. Ich begann erst einmal zu lesen. Schnell stapelten sich auf meinem Schreibtisch jede Menge Fachbücher.

Ich begann (wie immer) bei den Anfängen der mir unbekannten Thematik und las mich dann langsam vorwärts; Antike bis heute. Man soll es nicht glauben, doch es wurde immer spannender. Gleichzeitig verfasste ich eine Blogserie darüber. Ob meine Blogbeiträge die Art der künstlerischen Umsetzung bestimmten oder ob es umgekehrt war, kann ich nicht sagen. Das Schreiben sortierte vor allem das viele neue Wissen in meinem Kopf und half, es in einen künstlerischen Fluss zu bringen.

Den Verlauf meiner Herangehensweise und künstlerischen Auseinandersetzung mit der Teilchenphysik wollte ich für die Besucher meiner Webseite dokumentieren. So konnte ich jeden Interessierten daran teilhaben lassen. Die Resonanz darauf war groß. Leider musste ich das HiggsKunstProjekt erst einmal unterbrechen. Ich war etwas traurig, denn ich wusste nicht, wann und ob ich wieder Zeit dafür haben würde.

Auf nach Schweden!

Ende Februar flog ich nach Stockholm zu meiner ersten Tagung der Society for Artistic Research. Es war grandios! Voller Inspirationen kehrte ich wieder zurück. Die schöne Stadt hatte mich ebenfalls begeistert und so hatte ich knapp 6000 Fotos zu sichten und bearbeiten. Dazu kamen die Blogbeiträge über meine Erlebnisse und die tolle Reise nach Schweden.

Danach gab es ein klassisches Dilemma. Was sollte ich als Nächstes in Angriff nehmen; Teilchenphysik oder künstlerische Forschung? Ich entschied mich dazu, erst einmal das HiggsKunstProjekt zu beenden. Doch kurz darauf stand eine große, unerwartete Veränderung in meinem Leben an.

Schon seit längerem trug ich mich mit Umzugsgedanken herum. Für meine immer umfangreicheren Kunstprojekte und die dazu notwendigerweise anwachsende Technik benötigte ich einfach mehr Platz. Unerwartet bekam ich die Chance gleich ein ganzes Haus in der Voreifel anmieten zu können, das meine Wünsche noch übertraf. Nun galt es diesen Umzug vorzubereiten. So hatte ich erst mal keine Zeit mehr für Kunst. Im neuen Zuhause wollte ich dann so richtig durchstarten.

Alles kommt anders …

Nach dem Umzug hatte ich dann aber einen Unfall, der mein Leben auf den Kopf stellte. Als Folge war ich lahmgelegt in jeder Hinsicht. Jetzt wohnte ich zwar wunderschön, doch arbeiten konnte ich nicht. Das lange Sitzen am Computer ging nicht mehr ohne Schmerzen. So blieb es über Monate und zog mich auch seelisch herunter. Gott sei Dank war da meine Familie, die mich auffing.

Aber manchmal kommt es ja so, wie es kommen muss. Die Zwangspause machte mir einiges klar und ich begriff, dass ich an einem Scheideweg stand. Es galt eine Entscheidung zu treffen, die längst überfällig war. Ich gab meine langjährige Tätigkeit an der Uni auf.

All diese Umstände führten in der Folge dazu, dass ich mich aufgrund meiner gesundheitlichen Probleme mehr und mehr der Fotografie zuwandte. Von Jahr zu Jahr hoffte ich, meine Kunst wieder aufnehmen zu können, zumal ich einige interessante Angebote bekam. Meine Schmerzen hatte ich inzwischen im Griff und konnte wieder länger am PC arbeiten.

Doch ich hatte keine Lust auf Kunst.

Anfragen zweier Galerien in London, einer in Oxford und das Angebot auf einer New Yorker Kunstmesse auszustellen, änderten daran auch nichts. Ich hatte keinen Drang mehr, Kunst zu machen. Außer einigen wenigen Strohfeuern kam nichts dabei herum. Das Projekt in Sachen Teilchenphysik ging damit auch nicht mehr weiter. Das war richtig schade!

Dafür brachte mich die Fotografie weiter. Ich wurde gewerbliche Fotografin und machte damit eine andere Leidenschaft zum Beruf. Aber die Kunst? Wie sollte es damit weitergehen? Immer wieder geisterte diese Frage in meinem Kopf herum. Aufgeben wollte ich sie nicht, das war klar. Ich beschloss irgendwann, mir darüber keine Gedanken und vor allem keinen Druck mehr zu machen. Das ist weder gesund noch förderlich. Die Kunst würde schon wieder ihren Weg finden.

Was lange währt …

Anscheinend war das genau richtig. Seit Anfang 2018 ist alles wieder im Lot. Es ging von ganz alleine und war auch kein Strohfeuer. Ich habe viel Kunst gemacht in diesem Jahr. Seit Monaten bin ich richtig im Flow! Außerdem bin ich seit kurzem Mitglied im frisch gegründeten Kunstverein KLIO. Die erste Ausstellung findet im November in Linz statt. Die Anfrage der Gründerin hat mich irgendwie beflügelt. Vielleicht kam sie auch einfach zum richtigen Zeitpunkt.

Die ersten Bilder zeigten wieder die weichen Strukturen wie in meinen Anfängen. Doch schnell fand ich zu meiner Op-Art zurück.

Das soll aber nicht heißen, dass ich mich jetzt

ausschließlich in dieser Kunstart bewege.

Je nach Anlass, Stimmung und Interessenlage mache ich auch andere Bilder. Da lasse ich mich ganz von meiner KünstlerInnenSeele treiben. Dreh- und Angelpunkt bleiben meine optischen Täuschungen mit allem, was für mich dazugehört; Bilder machen, wissenschaftliche Recherchen, künstlerische Forschung und populärwissenschaftliches Schreiben.

Das ist also jetzt der Stand der Dinge. Ob ich das HiggKunstProjekt wieder aufnehmen werde, bleibt abzuwarten. Abgeschrieben habe ich es noch nicht. Das ist einerseits eine Zeitfrage und andererseits möchte ich mich nicht verzetteln.

Zu meinen in diesem Jahr entstandenen Arbeiten gibt es in Kürze den nächsten Blogbeitrag. Nun genieße ich erst einmal ausgiebig den kreativen Flow. Ich bin neugierig auf alles, was folgen wird. Dass ich auch meine Ausstellungsaktivitäten wieder aufnehmen werde, ist für mich eine tolle Motivation.

Letztlich konnte und kann ich in meiner Kunst alles vereinen, was mir Freude bereitet und wofür ich brenne. Fachbücher verschlinge ich wie andere Menschen Krimis. Recherchieren und Lesen im Internet gehört zu mir wie Arme und Beine. Und der Computer ist sowieso mein Ding. Am Ende kommen interessante, farbenfrohe Bilder heraus. Was will ich mehr? Ausstellen! Aber auch das geht jetzt endlich wieder los.

Eine große Anerkennung ist die Tatsache, dass trotz größerer Pause das Interesse an meiner Kunst nicht schwand. Nachfragen und Angebote haben mir die optimale Bestätigung und Motivation gegeben. Ich bin wieder ‘on the road’. Das heißt auch, mein Blog wird endlich wieder reichhaltig weitergeführt. Ein regelmäßiger Blick auf meine Webseite lohnt sich also …

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