Meine Kunst und Escher
10. August 2021
Brigitte Grawe

2019 habe ich in Den Haag das Museum Escher in het Palais besucht. Ich hätte nie gedacht, wie wichtig diese Ausstellung für mich und meine Kunst sein würden.

Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich die Befürchtung, mit meiner eigenen Kunst auf der Stelle zu treten. Ich arbeite hauptsächlich mit Mustern und geometrischen Formen. Dadurch ich mich immer öfter, ob ich mich damit in meiner künstlerischen Weiterentwicklung selber blockiere.

Es gibt aber auch immer mal wieder Phasen, in denen ich ganz anders arbeite. Dann entstehen abstrakte Bilder mit weichen Strukturen. So arbeitete ich ausschließlich in meinen Anfängen.

Recht schnell begann ich jedoch mit geometrischen

Formen und Farben zu experimentieren.

Dabei wurde schnell klar, dass es immer wieder darauf hinauslief, bestehende Strukturen und Sichtweisen aufbrechen oder in Frage stellen zu wollen. So entstanden schließlich die ersten optischen Täuschungen; unmögliche Konstruktionen und Perspektiven, Kippbilder und andere Effekte.

Ich hatte mein Ding gefunden! Dass es mir die Möglichkeit gibt, Wissenschaft in meine Kunst einfließen lassen zu können macht das Ganze perfekt.

Meine Op Art entsteht hauptsächlich

anhand verschiedener Grundmuster.

Ich entwerfe also immer wieder neue Muster, aus denen die unterschiedlichsten Effekte entstehen können. In dieses experimentelle Arbeiten fließen meine neurowissenschaftlichen Kenntnisse mit ein. Sie helfen mir, bestimmte Wahrnehmungsmuster besser zu verstehen und im Ergebnis aufzubrechen.

Genau diese, sich so häufig wiederholende, Arbeitsweise stellte ich in den letzten Jahren zunehmend in Frage. War mein künstlerisches Schaffen langweilig geworden? Niemals hätte ich gedacht, dass mich der Besuch eines Museums eines Besseren belehren würde …

Ein Tag, der alles veränderte

Ich betrat das Museum Escher in het Paleis mit zwiespältigen Gefühlen. Der Besuch würde mir entweder Freude bereiten oder es würde mich frustrieren.

Neugierig betrat ich den ersten Raum und war direkt begeistert. Zunächst sah ich nur mir bereits bekannte Bilder. Doch sie live in einer solchen Umgebung zu betrachten war etwas anderes, als in Büchern oder am Monitor.

Die Atmosphäre des Museums, das Eintauchen in die Kunstwelt Eschers war beeindruckend. Ich schwelgte umgeben von diesen fantastischen Arbeiten. Immer mehr zog mich diese – auch meine Welt – in ihren Bann.

Gleichzeitig fühlte sich das alles

neu und doch auch vertraut an.

Neben der Kunst gab es auch erklärende Texte und Filme. Gleich bei den ersten Erläuterungen begann mein Herz zu klopfen.

Ich entdeckte etwas für mich richtig Tolles; auch Escher arbeitete mit Mustern und befasste sich unablässig damit. Mein Herz begann zu hüpfen; es war genau wie bei mir. Je mehr ich sah und las, desto bewusster wurden mir erstaunliche Parallelen. Ich hätte tanzen können; denn ich entdeckte immer mehr davon.

Mir schwirrte der Kopf!

All diese Übereinstimmungen! Es war so viel mehr als nur die Tatsache, dass wir beide Op Art Künstler waren. Und es war mehr, als das Arbeiten mit Mustern. Wir hatten dieselben Themen!

Zum besseren Verständnis habe ich es hier einmal aufgeführt und an der ein oder anderen Stelle Beispiele eingefügt:

  1. Op Art
    • Spiel mit Perspektiven -> unmögliche Konstrukte

Eschers unmögliche Konstrukte sind in der Regel gegenständlich.

Während meine abstrakt sind:

    • Geometrische Formen
    • Arbeiten mit Mustern
  1. Wissenschaft & Kunst

Für Escher soll dieser Aspekt wichtiger gewesen sein als seine Kunst an sich. Ähnlich verhält es sich bei mir. Dieser Schnittpunkt der beiden größten Leidenschaften in meinem Leben ist untrennbar. Die Eine speist sich aus der anderen.

  1. Symmetrie

Ich mag Symmetrie, nicht nur der Ästhetik wegen. Denn darüber hinaus stellt sie eine Brücke zwischen Wissenschaft und Kunst dar.
Auch Escher befasste sich eingehend mit Symmetrie. Bei ihm wurzelte dies in seiner Begeisterung für Kristalle.

  1. Unendlichkeit

Ein Thema, das mich seit frühester Kindheit fasziniert. Natürlich spiegelt es sich auch in meiner Kunst wider.
Escher war fasziniert von der Möglichkeit, Unendlichkeit auf einer begrenzten Fläche auszudrücken. Er setzte es mit sich wiederholenden Motiven um.

  1. Kugeln

Die ersten Kugeln entstanden bereits gleich zu Beginn meiner künstlerischen Arbeit. Von Anfang an begeisterten sie mich. Schnell stellten sie sinnbildlich die Welt meiner Kunst dar und symbolisieren Freiheit & Unendlichkeit künstlerischen Schaffens. Zum ersten Mal stellte ich eine davon bei meinem Aachener Galeristen aus. Als er sie sah, verglich er sie mit Eschers Kugeln. Die kannte ich zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht.

Die Gemeinsamkeit mit den Escherkugeln ist wohl die, dass auch er Perspektiven darin umsetzt sowie Muster:

Mit Eschers Kunst habe ich mich bewusst erst um 2010 befasst.

Anlass war der Kauf zweier Bildbände über Op Art Künstler*Innen. Escher ist darin ein tolles Kapitel gewidmet. Darin sah ich auch seine Kugeln das erste Mal. Und nun in Den Haag endlich in einem Museum.

Das Bad in Eschers Welt war erfrischend und extrem belebend für mich; im wahrsten Sinne des Wortes. Seine Kunstwerke sehen natürlich völlig anders aus als meine. Doch wenn ich so viele Übereinstimmungen mit einem Künstler wie Escher finde, kann mein eigenes Schaffen nur richtig sein.

Mich so bestärkt zu fühlen, war einfach nur

wohltuend und erleichternd.

Meine Sorge, ich könne mit meiner Kunst auf der Stelle treten verlor sich schlagartig. Und wieder einmal erkannte ich, wie wichtig es ist, sich im künstlerischen Arbeiten in gewisser Weise neugierig treiben zu lassen. So entwickelt man sich vielleicht auch am ehrlichsten.

Zu Beginn meines künstlerischen Schaffens hat mich schon einmal jemand mit einer Bemerkung – nämlich zur Symmetrie in meinen Bildern – kurzfristig verunsichert. Als sei sie ein Makel. Gott sei Dank habe ich schnell wieder zu mir und meiner Kunst zurückgefunden.

Noch heute wundere ich mich übrigens über diesen merkwürdigen Kommentar und noch mehr über die Person, von der er kam. Doch dazu gibt es bald mehr im nächsten Blogbeitrag.

Seit meinem Besuch im Museum Escher in het Paleis weiß ich nun ganz sicher, dass ich genau richtig arbeite. So wurde Escher noch posthum zu so einer Art Mentor für mich. Inzwischen habe ich auch einige Bücher über ihn und seine fantastische Kunst in meiner Bibliothek stehen.

Wie gerne hätte ich mich mit ihm zu Lebzeiten ausgetauscht.

Doch soweit ich las, mochte er Gespräche mit anderen Op Art Künstlern nicht. Er sah sich angeblich nicht als solcher, sondern eher als Mathematiker …

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